Müssen alte Maschinen an die Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG angepasst werden?

Antwort:

Vor dem 29.12.2009 bereits in Betrieb befindlichte Maschinen müssen nicht auf die Anforderungen der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG angepasst werden, es sein denn, sie werden im Zuge eines Umbaus „wesentlich verändert“. Der Weiterbetrieb von Altanlagen ist im Arbeitsschutz geregelt und hat daher mit der Maschinenrichtlinie nichts zu tun. Die Maschinenrichtlinie gilt nur für erstmalig auf dem Gebiet der Gemeinschaft in den Verkehr gebrachte Erzeugnisse.

Tipp:

Beachten Sie dazu unseren umfangreichen Fachbeiträge:

Können Hersteller und Betreiber die Sprache der Betriebsanleitung vertraglich regeln?

Antwort:

Ja und Nein. Wirtschaftsakteure können zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Anforderungen vertragliche Vereinbarungen treffen. Nicht möglich ist es, von den gesetzlich geforderten Bestimmungen (z.B. der Maschinenrichtlinie) abzuweichen. Diese sind in Link zu Originaldokument im PDF Anhang I, 1.7.4 der Maschinenrichtlinie geregelt.

Hinweis:

Etwas anders ist die Situation bei unvollständige Maschinen. Hier fordert die Maschinenrichtlinie in Link zu Originaldokument im PDF Artikel 13 die Mitlieferung einer Montageanleitung entsprechend Link zu Originaldokument im PDF Anhang VI.

Maschinenrichtlinie Anhang VI:

… Die Montageanleitung ist in einer Amtssprache der Europäischen Gemeinschaft abzufassen, die vom Hersteller der Maschine, in die die unvollständige Maschine eingebaut werden soll, oder von seinem Bevollmächtigten akzeptiert wird.

Die Richtlinie zwingt die Wirtschaftsakteure hier also zwar, dass die Sprache er Montageanleitung einer der Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft sein muss, lässt es den Beteiligten aber offen, welche dieser Sprache es sein soll.

Selbstverständlich können die Beteiligten Unternehmen auch vereinbaren, dass die Dokumente in zusätzliche weitere Sprachen (z.B. auch in zusätzlichen, nicht in der Gemeinschaft gesprochenen Sprachen) übersetzt werden.

Ist für Maschinen, die in die Schweiz geliefert werden, eine CE-Kennzeichnung erforderlich?

Die Schweiz hat in seiner Umsetzung auf die formale Verpflichtung zur CE-Kennzeichnung verzichtet, da es sich bei diesem Zeichen um ein europäisches Zeichen handelt, das man nicht einfach „kopieren“ wollte. Alle anderen Anforderungen sind aber in weiten Bereichen 1:1 umgesetzt (Konformitätsbewertung, Risikobeurteilung, technische Unterlagen,…). Selbstverständlich dürfen Maschinen, die aus anderen Ländern in die Schweiz geliefert werden, das CE-Kennzeichen tragen.

Hinweis:

In der Schweiz regelt die „Verordnung über die Sicherheit von Maschinen“ (Maschinenverordnung, MaschV) das Inverkehrbringen und die nachträgliche Kontrolle (Marktüberwachung) von Maschinen nach der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG.

Weblinks:

Wann und inwieweit gilt das ProdSG, wenn es produktsicherheitsbezogene Spezialvorschriften gibt?

Antwort:

§ 1 Abs. 3 grenzt das ProdSG zu bestimmten Produktsicherheitsvorschriften ab, die das ProdSG vollständig verdrängen [Zitat gekürzt]:

Dieses Gesetz gilt nicht für
1. Antiquitäten,
2. gebrauchte Produkte, die vor ihrer Verwendung instand gesetzt oder wiederaufbereitet werden müssen […],
3. Produkte, die ihrer Bauart nach ausschließlich für militärische Zwecke bestimmt sind,
4. Lebensmittel, Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, […],
5. Medizinprodukte im Sinne des § 3 des Medizinproduktegesetzes, […],
6. Umschließungen […] für die Beförderung gefährlicher Güter, soweit diese verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen,
7. Pflanzenschutzmittel […].

§ 1 Abs. 4 grenzt das ProdSG zu weiteren produktsicherheitsbezogenen Spezialvorschriften ab – einerseits ohne sie ausdrücklich zu benennen und andererseits mit der Folge, dass dann das ProdSG doch noch zum Zuge kommen kann. Das ProdSG gilt nicht, „soweit in anderen Rechtsvorschriften entsprechende oder weiter gehende Vorschriften vorgesehen sind“.

Daraus folgt andersherum und erstens: Das ProdSG gilt, soweit es weitergehende Vorschriften als das Spezialgesetz enthält. Das ProdSG gilt also nur subsidiär.

Gemeint sind etwa Vorschriften über
– Arzneimittel,
– Bauprodukte,
– Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen und
– Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile.

Nicht gemeint sind die Rechtsverordnungen nach § 8 ProdSG – also die ProdSV, die die EG-Harmonisierungsrichtlinien (etwa die Maschinenrichtlinie) umsetzen. Insoweit ordnet § 3 Abs. 1 Nr. 1 ProdSG – letztlich ähnlich dem § 1 Abs. 4 ProdSG und klarstellend – an, dass die ProdSV anzuwenden sind.

Das ProdSG gilt auch zweitens, wenn es keine speziellere Rechtsvorschrift für das jeweilige Produkt gibt, es „trifft Regelungen hinsichtlich des Bereitstellens von Produkten auf dem Markt, sofern es für diese Produkte keine spezielleren Rechtsvorschriften gibt“ (BT-Drs. 17/6276 v. 24.6.2011, S. 39)

  • entweder weil schon gar keine weitere Vorschrift für das zu beurteilende Produkt vorhanden ist (Auffangfunktion des ProdSG)
  • oder wenn zwar eine solche speziellere Vorschrift vorhanden ist, es aber um einen Aspekt geht, der dort nicht geregelt ist, sondern nur im ProdSG (Dachfunktion des ProdSG).

Es gelten also folgende Grundsätze: Das ProdSG gilt,

  • wenn es für ein Produkt gar keine weitere Rechtsvorschrift gibt,
  • wenn es zwar eine Spezialvorschrift für das Produkt gibt, ein Aspekt aber dort nicht geregelt ist und
  • wenn ein Aspekt zwar in einer spezielleren Rechtsvorschrift geregelt ist, aber das ProdSG weiter geht.

Die speziellere Rechtsvorschrift gilt dagegen allein und das ProdSG gilt nicht,

  • wenn ein Aspekt gar nicht im ProdSG, sondern nur dort geregelt ist und
  • wenn ein Aspekt zwar auch im ProdSG geregelt ist, die speziellere Rechtsvorschrift aber identisch ist und
  • wenn ein Aspekt zwar auch im ProdSG geregelt ist, die speziellere Rechtsvorschrift aber weiter geht.

In § 26 Abs. 2 ProdSG heißt es, dass die Vorschriften des ProdSG „ergänzend zur Anwendung kommen“. Das bedeutet: Bei „umfassenden Regelungen über die Bereitstellung von speziellen Produkten“ tritt das ProdSG „in Gänze“ zurück (Gesetzentwurf, in: BT-Drs. 17/6276 v. 24.6.2011, S. 40).

Gibt es eine gesetzliche Anforderung an den Ausbildungsgrad des Unterzeichners der Konformitätserklärung?

Antwort:

Es gibt keine gesetzlichen Anforderungen an den Ausbildungs- oder Qualifikationsgrad der Personen, die im CE-Prozess täig sind und die EG-Konformitätserklärung unterzeichnen. Wie in allen Bereichen dürfen aber nur solche Personen beauftragt werden, die geeignet – also zuverlässig und fachkundig – sind. Die Zuverlässigkeit stellt eher auf persönliche Eigenschaften und Veranlagungen ab, die Fachkunde auf die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Außerdem müssen den beaufragten Mitarbeitern ausreichend Befugnisse eingeräumt werden, um den CE-Prozess steuern zu können – soweit die Geschäftsleitung nicht selbst tätig ist.
Im Bereich der Produktsicherheit ist also wichtig, dass diese Person in der Lage ist, den zu Grunde liegenden CE-Prozess zu verstehen, zu überwachen und gegebenenfalls auch zu beeinflussen.
Die EG-Konformitätserklärung unterzeichnen bei Maschinenbauunternehmen meist Mitglieder der Geschäftsleitung oder leitende Angestellte mit Prokura. In Industrieunternehmen, die Maschinen für die eigene Produktion herstellen, kann die Unterschriftenleistung etwa auch durch den zuständigen Abteilungsleiter erfolgen. Die Zuständigkeit zur Unterschriftenleistung muss aber von der Geschäftsleitung delegiert werden – am besten schriftlich. Dann erfolgt die Unterzeichnung aber immer für das Unternehmen.

Wie wird eine Maschine für Forschungszwecke definiert?

Antwort:

In der Maschinenrichtlinie finden sich dafür drei Anhaltspunkte: Artikel 1, Absatz (2).h) der Maschinenrichtlinie

  • für Forschungszwecke konstruiert und gebaut
  • zur vorübergehenden Verwendung
  • Verwendung in Laboratorien

Der Forschungszweck ist der Erkenntnissgewinn aus einem Forschungsvorhaben, beispielsweise dem Gewinnen von Messdaten.

Vorübergehend bedeutet, dass nach dem Abschluss des Forschungsvorhabens die Maschine zu Forschungszwecken wieder abgebaut oder für andere Forschungszwecke umgebaut wird.

Der Begriff Laboratorien schließt auch Versuchshallen oder Freiluftareale für Feldforschung mit ein.

Achtung! Messgeräte, Prüfmaschinen und Maschinen, die ständig in Labors installiert sind und für allgemeine Forschungszwecke verwendet werden können sind von der Maschinenrichtlinie nicht ausgenommen. Siehe auch §60 im Leitfaden für die Anwendung der MRL

Einen interessanten Leitfaden für das „Herstellen und Betreiben von Geräten und Anlagen für Forschungszwecke“ bietet die Broschüre der Deutschen Gesetzlichen Unvallversicherung e.V. (DGUV) Seite öffnenBGI/GUV-I 5139.

Gesamtübersicht: Welche Gesetze und Richtlinien sind zusätzlich bzw. anstatt der Maschinenrichtlinie anzuwenden?

Antwort:

Diese Frage beantwortet auch, welche gesetzlichen Bestimmungen für das Inverkehrbringen von Produkten  gelten, wenn keine EU-Richtlinien zur Anwendung kommen, die eine CE-Kennzeichnung erfordern.  Zur Übersicht dient dieses Ablaufdiagramm:

Startpunkt der Betrachtung ist die Entscheidungsraute “Maschine od. unvollständige Maschine”. Damit wird geklärt, ob ein Produkt ein “Erzeugnis” im Sinne der Maschinenrichtlinie ist und nicht in deren Ausnahmen fällt. Ist dies der Fall, kommt die Maschinenrichtlinie zur Anwendung, ggf. aber auch noch weitere EG-Richtlinien.

Für den Fall, dass es sich bei einem bestimmten Produkt nicht um eine Maschine oder unvollständige Maschine handelt, kommen ggf. andere EU-Richtlinien zur Anwendung, wie z.B. die Niederspannungs- ATEX-, EMV- oder/und Druckgeräterichtlinie, sofern sich diese nicht gegenseitig ausschließen, wie z.B. Maschinenrichtlinie und Niederspannungsrichtlinie.

Nach Anwendung der einschlägigen Richtlinien, die spezielle Gefährdungen bzw. Produktgruppen abdecken, muss geklärt werden, ob es sich beim Produkt (z.B. Maschine) um ein Verbraucherprodukt handelt. Ist dies der Fall kommt die EG-Produktsicherheitsrichtlinie zusätzlich zu den vorher genannten Richtlinien zur Anwendung (umgesetzt in Deutschland im ProdSG und in Österreich im PSG).

Handelt es sich nicht um ein Verbraucherprodukt, besteht kein weiteres öffentlich-rechtliches Inverkehrbringensrecht.

Immer – egal also ob spezielle EG-Richtlinien anwendbar sind und egal ob Verbraucherprodukt oder nicht – gelten bei Inverkehrbringen von Produkten zivilrechtliche Pflichten. Gemeint ist das Produkthaftungsrecht – bestehend aus allgemeinen Verkehrssicherungspflichten (in Deutschland § 823 BGB und Österreich §§ 1295 ff. ABGB) und den Umsetzungen der EG-Produkthaftungsrichtlinie (Deutschland: ProdHaftG, Österreich: PHG).

Über welche Mittel muss ein Hersteller verfügen, um sicherzustellen, dass die Maschine die in Anhang I aufgeführten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt?

Link zu Originaldokument im PDF Maschinenrichtlinie – Artikel 5 Absatz 3:

„(3) Der Hersteller oder sein Bevollmächtigter muss im Hinblick auf das in Artikel 12 genannte Verfahren über die notwendigen Mittel verfügen oder Zugang zu ihnen haben, um sicherzustellen, dass die Maschine die in Anhang I aufgeführten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt.“

Frage:

Was ist mit „Mittel“ gemeint?

Antwort:

Der Link zu Originaldokument im PDF Leitfaden für die Anwendung der Maschinenrichtlinie liefert dazu in § 105 folgende Erläuterung:

Zu diesen Mitteln zählen beispielsweise, Zugang zum erforderlichen qualifizierten Personal, das sowohl mit der Maschinenrichtlinie als auch mit maßgeblichen Normen vertraut ist, Zugang zu den erforderlichen Informationen, die Befähigung und die Ausrüstung, die benötigt wird, um die notwendigen Konstruktionsprüfungen, Berechnungen, Messungen, Funktionsprüfungen, Festigkeitsprüfungen, Sichtprüfungen und Kontrollen von Informationen und der Betriebsanleitung durchzuführen, um die Übereinstimmung der Maschine mit den einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen zu gewährleisten.

Wenn eine Maschine nach harmonisierten Normen konstruiert und gebaut wird, sind in den Normen üblicherweise die Mittel, zur Überprüfung der Konformität der Maschine mit ihren Spezifikationen festgelegt. (106) In diesem Fall wird Zugang zu den einschlägigen Normen benötigt.

Bei Maschinen, die in eine der Kategorien des Anhang IV fallen, für die das in Anhang X beschriebene umfassende Qualitätssicherungsverfahren angewendet wird, müssen die Mittel zur Durchführung der erforderlichen Prüfungen im umfassenden Qualitätssicherungssystem des Herstellers dokumentiert werden – siehe § 403: Anmerkungen zu Anhang X Nummer 2.2.

106:
Siehe Ziffer 6.8 – „Verification of the safety requirements and/or protective measures“ in CEN Guide 414: 2017 – Safety of machinery – Rules for the drafting and presentation of safety standards.

Kann auf eine Maschine die Produktsicherheitsrichtlinie (2001/95/EG) zusätzlich zur Maschinenrichtlinie zur Anwendung kommen?

Antwort:

Ja, die EG-Harmonisierungsrichtlinien – wie die Link zu Originaldokument im PDF Maschinenrichtlinie – sind nicht abschließend. Wenn eine Maschine für Verbraucher bestimmt ist oder unter vernünftigerweise voraussehbaren Bedingungen von ihnen benutzt werden kann, fallt sie auch unter die Link zu Originaldokument im PDF allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie – 2001/95/EG.

Diese Richtlinie ist sozusagen ein Dach für alle Verbraucherprodukte über allen speziellen gefährdungs- oder produktbezogenen Richtlinien und gilt nicht nur dann, wenn Spezialvorschriften mit Produktanforderungen fehlen. Das stellt auch die  Europäische Kommission in § 101 des Link zu Originaldokument im PDF Leitfadens zur Anwendung der Maschinenrichtlinie klar:

Zusätzlich zu den Bestimmungen der Maschinenrichtlinie und Verordnung über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten finden bestimmte spezielle Bestimmungen der Richtlinie über die allgemeine Produktsicherheit auf Maschinen Anwendung, die zur Verwendung durch Verbraucher bestimmt sind oder wahrscheinlich von diesen verwendet werden, soweit die Maschinenrichtlinie oder die Verordnung keine entsprechenden Bestimmungen enthalten (…)

Es ist also immer zu prüfen, ob bei „Verbrauchermaschinen“ zusätzliche Anforderungen zu den konkreten Vorschriften in der Maschinenrichtlinie erforderlich sind, um ausreichende Sicherheit zu erreichen. Das ist etwa insbesondere im Bereich der Instruktionen und Warnungen möglich, wenn die Maschine durch Laien bedient wird bzw. werden kann.

Handelt es sich um unvollständige Maschinen im Sinne der Maschinenrichtlinie, wenn sie in Maschinen eingebaut werden, die vor 1.1.1995 in Verkehr gebracht wurden?

Eine juristische Auslegung des Artikel 2g der Maschinenrichtlinie ergibt, dass das Datum, zu dem die Maschine, in welche die unvollständige Maschine eingebaut werden soll, bezüglich der Anwendbarkeit der Maschinenrichtlinie auf die unvollständige Maschine, keine Rolle spielt.

Dies kann mit den juristischen Auslegungsmethoden wie folgt begründet werden:

a) Der Wortlaut des Art. 2 g) spricht vom Einbau in „andere Maschinen“, die zusammen mit der unvollständigen Maschine eine „Maschine im Sinne dieser Richtlinie“ bilden. Damit können:

  1. all die Produkte gemeint sein, die die Merkmale des Art. 2 a) erfüllen, also Maschinen unabhängig davon, wann sie erstmals in Verkehr gebracht worden sind, also auch Maschinen aus dem Jahr 1990, oder es können
  2. Maschinen gemeint sein, die nicht nur die Merkmale des Art. 2 a) erfüllen, sondern eben auch nach dem 1.1.1995 in Verkehr gebracht worden sind.

Für die zweite Auffassung spricht, dass im Endeffekt eine „Maschine im Sinne dieser Richtlinie“ entstehen muss, was nicht der Fall ist, wenn eine vor dem 1.1.1995 in Verkehr gebrachte Maschine durch Einbau zusätzlicher Teile unwesentlich verändert wird.

Für die erste Auffassung spricht, dass es Maschinen auch schon vor dem 1.1.1995 gab – auch wenn sie noch nicht in einer EG-Richtlinie so bezeichnet waren.

Wenn man den Wortlaut des 2 g) genau nehmen würde, dann müsste bei konsequentem Vollzug der zweiten Auffassung der Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie verneint werden, wenn eine Maschine ergänzt wird, die zwar nach dem 1.1.1995, aber vor dem 29.12.2009 erstmals in Verkehr gebracht worden ist. Denn dann geht es auch nicht um eine Maschine „im Sinne dieser Richtlinie“ 2006/42/EG, sondern eben eine solche im Sinne der Richtlinie 1998/37/EG. Das kann so nicht gemeint sein. Eine solche Argumentation nennen Juristen „argumentum ad absurdum“.

b) Nach der systematischen Auslegung der Maschinenrichtlinie wird die erste Auffassung gestützt. Es ist eben in Art. 2 g) nicht der Zeitpunkt erwähnt, wann das Etwas in Verkehr gebracht sein muss, in das die unvollständige Maschine eingebaut wird. Das spricht dafür, dass – systematisch – mit den in Art. 2 g) erwähnten Maschinen solche Produkte in Bezug genommen sind, die die Merkmale des Art. 2 a) erfüllen, also auch Maschinen vor Geltung der Maschinenrichtlinie. Der Art. 26 Maschinenrichtlinie ist eben nicht in Bezug genommen – ein zeitliche Anforderung ist nicht genannt.

c) Entscheidend ist die Auslegung nach Sinn und Zweck. Mit den Regelungen über unvollständige Maschinen sollten – so scheint es aus Sicht der Autoren – alle Zulieferprodukte erfasst werden, die in Etwas eingebaut werden, das (sachlich und nicht zeitlich) in Art. 2 a) der Maschinenrichtlinie beschrieben ist. Es kann nicht auf den (zufälligen) Zeitpunkt des Inverkehrbringens ankommen. Das Ziel der Maschinenrichtlinie (der Endhersteller soll eine Montageanleitung haben und eine Einbauerklärung, in der die umgesetzten Schutzanforderungen der Maschinenrichtlinie vermerkt sind), soll immer erreicht werden – nicht nur dann, wenn das Endprodukt nach dem 1.1.1995 in Verkehr gebracht worden ist.

Es dürfte auch für den Inverkehrbringer einer unvollständigen Maschine unmöglich sein zu ermitteln, ob sein Produkt in eine Maschine eingebaut wird, die vor (dann keine unvollständige Maschine) oder nach (dann unvollständige Maschine) dem 1.1.1995 in Verkehr gebracht worden ist. Jedenfalls ist es unzumutbar, von ihm zu verlangen, entsprechende Erkundigungen einzuholen.